Gar nicht so wild: Die Vorzüge von Wildfleisch

Welche Vorzüge bietet Wildfleisch? Was macht es so besonders? Warum schmeckt es, wie es schmeckt? All diese Fragen klärt der dritte Teil unserer Serie „Gar nicht so wild“.

Text: Michael Miksche

Hindert der Gedanke an Bambi manche Menschen am Genuss von Wildfleisch? Und wenn ja, warum hindert sie dann nicht der Gedanke an Babe am Konsum von Schweinefleisch? Foto: Fabrice Koch/flickr; CC BY 2.0

Hindert der Gedanke an Bambi manche Menschen am Genuss von Wildfleisch? Und wenn ja, warum hindert sie dann nicht der Gedanke an Babe am Konsum von Schweinefleisch? Foto: Fabrice Koch/flickr; CC BY 2.0

 

Hinter der Gewinnung von Wildfleisch aus freier Wildbahn steckt viel Arbeit, Wissen und Verantwortung. Dies gibt uns allerdings die Möglichkeit, eines der qualitativ hochwertigsten und kostbarsten Lebensmittel unserer Zeit zu uns zu nehmen. Wer den Geschmack und die Vorzüge von Fleisch direkt aus der Natur zu schätzen gelernt hat, wird zustimmen, dass sich diese Mühe lohnt.

 

Ein Geschmack nicht für jeden
Wenn man mit Menschen über Wild und den Geschmack seines Fleisches spricht, gibt es meist nur zwei Meinungen. Entweder man mag es, oder nicht. Sehr oft hört man, dass Leute mit diesem speziellen Geschmack überhaupt nichts anfangen können – ihn sogar häufig verabscheuen. Nun, Geschmäcker sind verschieden, das kann man so stehen lassen. Oft ist es jedoch so, dass es nicht schmeckt, da das Tier, von dem das Fleisch stammt, ein frei lebendes Wildtier war, welches man ansonsten nur aus Tierdokus und Kinderfilmen kennt.
Der Gedanke an ein kleines Reh, welches fröhlich über die Wiesen springt, blockiert bei vielen von uns, es zuzulassen, dass wir eben diese Tiere auch als Nahrungsquelle ansehen. Sowohl dann, wenn wir eines in der Natur sehen, als auch, wenn es uns als Nahrungsmittel zugänglich gemacht wird und auf unseren Tellern landet. Oft vergisst man jedoch, dass unser „normales“ Fleisch ebenso von Tieren gewonnen wurde, welche einst gelebt haben. Uns fehlt oftmals lediglich der Bezug zu diesen Tieren, da unsere Beziehung zu Ihnen nicht in Film und Fernsehen, sondern erst im Tiefkühlfach der Supermärkte beginnt, und die Beziehung zu diesen Tieren, als Spender dieser Produkte, ist dann natürlich, verständlicherweise, eine eher frostige – im wahrsten Sinne des Wortes.

 

Wild ist keine Massenware
Wo liegen nun ethisch betrachtet die Vorteile, Fleisch von Tieren aus freier Wildbahn zu essen, in Relation zu Fleisch von Tieren aus Massentierhaltung? Wenn man sich zu denjenigen zählt, die Fleisch generell zu schätzen wissen, so macht man sich vermehrt darüber Gedanken, wo dieses Fleisch herkommt. Haben wir das einmal getan, nehmen wir in den meisten Fällen in Kauf, dass Tiere wie Rinder, Schweine und Hühner, welche uns als Konsument zugänglich gemacht werden, kontrolliert produziert – man kann auch sagen geboren – werden, ein Leben in Gefangenschaft verbringen, mit von uns bestimmtem Futter und auch Medikamenten versorgt werden, um schließlich zu Massen in Schlachthöfen getötet und weiterverarbeitet zu werden. All das hat natürlich seine Berechtigung und anders wäre es auch heutzutage gar nicht möglich, den Bedarf an Fleischprodukten abzudecken, vor allem zu Preisen, welche es uns überhaupt erlauben, regelmäßig Fleisch zu kaufen.

Mit der Gewinnung von Wildfleisch verhält es sich ungleich anders. Niemand, außer der Natur, gibt einem Reh vor, wann es nun an der Zeit wäre, ein Jungtier in die Welt zu setzen. Es kann gehen, wohin es ihm beliebt. Es nimmt Nahrung zu sich wann Ihm danach ist. Es ist frei, in all seinem Tun und Handeln. Sein Tod, sofern er von einem Jäger herbeigeführt wird, trifft es so unvorbereitet und schnell, dass das Tier den Knall der Büchse meist gar nicht mehr vernimmt. Es war davor keinem Stress ausgesetzt, und wurde, wenn es – wie es sein soll – ein guter Schuss war, aus seinem Leben gerissen, ohne dass es jemals Kontakt mit einem Menschen gehabt hat, welcher es in seinen von der Natur vorgegebenen Instinkten und Verhaltensweisen eingeschränkt oder dieser beraubt hat. Natürlich greift der Mensch auch in das Leben des Wildes ein, doch ob nun, um zwei Beispiele zu nennen, ein Wildtier eine Futterstelle aufsucht, oder zur Aufnahme von Mineralstoffen eine „Salzlecke“ besucht, bleibt noch immer dem Tier selbst überlassen. Der Mensch schafft hier lediglich Möglichkeiten.

Eben dieser Umgang mit Lebewesen macht Wildfleisch so besonders. Natürlich schmeckt es deshalb anders als das Fleisch, welches wir seit frühester Kindheit gewohnt sind. Wenn man bedenkt, dass Wildtiere täglich große Strecken zurücklegen und sehr viel Bewegung auf sich nehmen, dann ist es nur logisch, dass die gesamte Muskulatur andere Merkmale, sowohl geschmacklich und inhaltlich als auch was die Zartheit und Festigkeit betrifft, aufweist.

 

Wildfleisch reich an wertvollen Inhaltsstoffen
Wir beschäftigen uns vermehrt mit den Inhaltstoffen unserer Nahrungsmittel und auch nachhaltiges Gesundheitsdenken spielt für uns eine immer größere Rolle. Hier bietet Wildfleisch einiges. Nur um Beispiele zu nennen, bietet das Fleisch von Reh- und Rotwild einen hohen Inhalt an gesundheitsfördernden Omega 3-Fettsäuren, welche durch Werbung für Nahrungsergänzungsmittel Bekanntheit erlangt haben. Das Fleisch von Schwarzwild, also Wildschweinen, bietet den Vorteil, äußerst geringe Mengen der gesundheitlich unerwünschten gesättigten Fettsäuren zu beinhalten. Auch was Spurenelemente und andere Inhaltsstoffe betrifft, unterscheidet sich das Fleisch der einzelnen Wildarten, in Anbetracht deren Nahrung und Lebensweise.

Zusammenfassend kann durchaus gesagt werden, dass Wild das Fleisch ist, welches auf die wohl ethisch „sauberste“ Art gewonnen wird. Es ist ein Produkt von höchster Qualität, welche von der Natur selbst vorgegeben und unverändert ist. Im Geschmack spiegelt sich die Freiheit des Tieres – Wald schmeckt anders als Trog. Eben das bietet den Köchen unseres Landes Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen. Ein gutes, hochqualitatives Stück Fleisch bedarf einer hochqualitativen Verwertung und Zubereitung. Betreffend Wildfleisch im Speziellen, bedarf es aber auch bei den Konsumenten einer sowohl natur- und umweltbewussten, als auch aufgeschlossenen Art des Denkens und Handelns.

 

Die bisherigen Teile der Serie:

Gar nicht so wild: Vom Wald auf den Teller

Gar nicht so wild: Die Jagd

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