Gar nicht so wild: Vom Wald auf den Teller

Was passiert mit einem Wildtier, nachdem es erlegt wurde? Mit diesem Prozess beschäftigt sich der zweite Artikel unserer Serie „Gar nicht so wild“.

Von Michael Miksche

Der Jäger selbst sieht oft gar nichts vom Fleisch des von ihm erlegten Tieres, nur Innereien und Trophäe darf er im Normalfall mit nach Hause nehmen. Foto: Wallis Promotion/Pascal Gertschen

Der Jäger selbst sieht oft gar nichts vom Fleisch des von ihm erlegten Tieres, nur Innereien und Trophäe darf er im Normalfall mit nach Hause nehmen. Foto: Wallis Promotion/Pascal Gertschen

 

Ähnlich den Bemühungen vor dem Erlegen eines Tieres, gilt es auch der Weiterverarbeitung eines Wildkörpers Zeit, Wissen und Leidenschaft beizumessen. Ein guter Jäger weiß genau, welche Möglichkeiten und Ressourcen ein Stück Wild für ihn und unsere Gesellschaft bereithält.

Der tödliche Schuss, lediglich ein minimaler, aber zugleich der wohl verantwortungsvollste Bestandteil der Jagd an sich, ist gefallen. Bereits vor diesem Moment hat sich der Jäger ein Bild darüber gemacht, was Ihn erwartet, wenn er das Tier am Boden liegend vorfindet. Er hat sich natürlich abseits der, wenn man das überhaupt so behaupten kann, oberflächlichen Beurteilung des Wildes in Bezug auf Alter und Geschlecht, ausreichend Zeit genommen um Verhalten und Erscheinungsbild des Tiers zu beobachten. Bereits zu diesem Zeitpunkt weiß er, ob dieses Tier das Potential hat, als Lebensmittel genutzt zu werden, oder nicht.

Hygiene oberstes Gebot
Genau hier, vor dem Erlegen eines Wildtieres, beginnt die Wildbrethygiene. Diese regelt genau, wie mit Wildfleisch, welches aus freier Wildbahn entnommen wird, umzugehen ist. Unter anderem ist eben dieser, für die Qualität von Wildfleisch unverzichtbare, korrekte Umgang mit diesem hochwertigen Lebensmittel im „EU-Hygienepaket“, aber auch noch national, in Österreich im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) geregelt.
Wird das Wildtier nun also vom Jäger als gesund „angesprochen“ und erlegt, wird der Jäger den Wildkörper zumeist unverzüglich „aufbrechen“. Das beinhaltet unter anderem das Entfernen der inneren Organe und ist selbstverständlich nichts für Personen mit labilem Magen oder schwachen Nerven. Andererseits jedoch gibt es keine Möglichkeit einen noch engeren Bezug zu seinem Lebensmittel herzustellen, was in unserer schnelllebigen Zeit die bereits immer öfter in Verwendung stehende Phrase „back to the roots“ zu mehr als lediglich einer fahlen Redewendung werden lässt. Bereits vor tausenden von Jahren hat man so Fleisch gewonnen – geändert haben sich lediglich die Werkzeuge, die man dafür benötigt.

Überprüfung und Lagerung
Ist das Stück Wild nun ausgeweidet, wird es einer sogenannten Kühlkette zugeführt, welche nicht unterbrochen werden darf. Zwischen -1 und +7 °C, bei Schalenwild, wie beispielsweise Reh- oder Rotwild, muss das Stück in geeigneten Räumen, wie Wildbretkammern, maximal sieben Tage lang gelagert werden, bevor es zur weiteren Verarbeitung gelangt. Während der Lagerung wird das Fell, in Jägersprache die „Decke“, nicht abgezogen. Das fördert die Qualität des gewonnen Fleisches. Innerhalb einer Zeitspanne von 36 Stunden wird ein in Jagdkreisen als „fachkundige Person“ betitelter Jäger das Wild inklusive der inneren Organe, außer dem Magen-Darm-Trakt, nun untersuchen. Eine erweiterte, spezielle Ausbildung ermächtigt Ihn dazu, Krankheiten oder andere Gründe, welche das Fleisch als gesundheitsbedenklich oder gar –gefährdend einstufen würden, zu erkennen. Qualitätsmanagement wird natürlich auch bei der Jagd groß geschrieben. Gelangt Wild in den Großhandel, kommt es am amtlichen Tierarzt ohnehin nicht vorbei.

Innereien als Jägerspeise
Alle jagdbaren Wildtiere sind mit dem Grund und Boden, auf dem sie leben, sowohl ökologisch als auch rechtlich verbunden. Das Wild in einem gewissen Gebiet ist also nicht Eigentum des Jägers, sondern grob formuliert, des Grundeigentümers oder Pächters. Deshalb bekommt der einfache Jäger meist nicht das ganze Wildfleisch mit nach Hause. Dieses wird in den häufigsten Fällen vermarktet, um die Kosten, die mit der Jagd und dem Besitz einer Jagd verbunden sind, zu finanzieren.
Was dem Erleger eines Tieres zusteht, sind die Trophäe, sowie die Organe Lunge, Herz, Leber, Milz und die Nieren. Aus letzteren Vieren lassen sich jedoch die köstlichsten Gerichte, wie etwa die „Brascha“, zubereiten. Nach einem von einem „Waidmanns-Heil“ gekröntem Jagdtag, ist es vielerorts sogar Brauch, am Abend in geselliger Runde diesen schmackhaften Eintopf aus den Innereien des Wildes zu genießen und die abenteuerlichen Jagdgeschichten zum Besten zu geben, beruhigt ein Lebensmittel zu sich zu nehmen, welches ohne Zweifel eines der natürlichsten und hochwertigsten unserer Zeit überhaupt ist.

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